Drei Länder, zwei Nationalparks und ein Unesco-Weltnaturerbe

 

Es ist immer wieder aufs Neue ein gewaltiges Naturschauspiel. Einfach überwältigend. Ihre Farben reichen von einem kühlen Grau bis ins glühende Rot. Mal sind sie in Wolken gehüllt, mal stehen sie völlig frei da. Von den Drei Zinnen geht immer und immer wieder ein unvergesslicher und beeindruckender Zauber aus. Noch dazu sind sie von allen Seiten einzigartig und einfach schön anzuschauen.

Auch deshalb kann man sich fast keinen schöneren Ort vorstellen, um anzukommen, nämlich ans Ziel einer beeindruckenden Alpenüberquerung. Sieben Tage waren wir unterwegs. 73 km und 13 300 Höhenmeter haben wir zurückgelegt und dabei zwei Nationalparks (Berchtesgaden und Hohen Tauern), drei Länder (Deutschland, Österreich, Italien) und mit den Drei Zinnen ein Unesco-Weltnaturerbe durchwandert.

Der Startpunkt dieser Alpentraversale, die übrigens vom Ramsauer Bergführer Hubert Nagl zusammengestellt wurde, ist ein anderer gewaltiger Punkt auf der Landkarte: der Königssee. Dort herrscht beim Treffpunkt schon emsiger Betrieb, viele Touristen sind trotz des Dauerregens gekommen, um mit dem Elektroschiff auf die Halbinsel St. Bartholomä zu fahren.

Die »Berchtesgaden« ist gut gefüllt. Aber nur wenige Bergsteiger und Wanderer haben sich an diesem Tag darauf eingefunden – für uns beginnt in St. Bartholomä ein ganz besonderes Abenteuer. Einfach mal wieder weg vom Alltag, weit weg. Die erste Station dieser Tour ist das Kärlingerhaus. Und schon wenige Meter nach der Anlegestelle entfernt ist man fast völlig allein unterwegs, die Touristen sind nämlich bei der kleinen Wallfahrtskirche zurückgeblieben.

Der Weg hinauf zum Kärlingerhaus ist ohne Tücken. Nur an manchen Stellen – wie etwa gleich zum Start oder in der Saugasse mit ihren mehr als 30 Kehren – ist er einfach ziemlich steil. Aber oben wird man für die Anstrengungen belohnt. Zuerst einmal mit einem atemberaubenden Blick auf den Funtensee, der Berühmtheit als kältester Punkt Deutschlands erlangt hat. Und dann, wenn man Glück hat und das Wetter gut ist, kann man seine Füße auch im See kühlen oder eben sogar baden gehen. Oder man genießt einfach, die Stille, die Abgeschiedenheit und bereitet sich ein wenig auf den zweiten Tag vor, denn dann geht’s erst so richtig los!

Am nächsten Morgen geht’s bereits früh raus – nicht einmal die Murmeltiere sind an diesem trüben Tag aus ihren Löchern herausgekommen. Nur eine Schafherde begleitet uns Wanderer am Anfang ein Stück des langen Weges – einmal quer durchs Steinerne Meer, hinüber zum Riemannhaus. Kurz nach dem Kärlingerhaus passiert man übrigens auch schon die österreichische Grenze – völlig unscheinbar steht ein Grenzstein mitten in der Wiese. Die nächsten Tage werden wir nun also im Nachbarland wandern.

Nach der Einkehr im Riemannhaus geht’s dann hinab nach Maria Alm und der drahtseilversicherte Steig erfordert schon Konzentration, aber nach gut einer Stunde ist der schwierige Teil geschafft. Unten empfängt uns ein Murmeltier, verzieht sich dann aber doch schnell in seinen Bau. Es folgt eine breite Forststraße und unten wartet dann schon ein Taxi auf uns kleine Gruppe, das uns weiter ins Käfertal befördert.

Dort angekommen geht’s nochmals gut eine halbe Stunde hinauf zur Trauneralm (1530 Meter) – ein echter Geheimtipp! Ein uriges Ambiente lädt zum Entspannen ein, noch dazu ist die Kulisse einfach einmalig: 15 Dreitausender umrahmen die Hütte im Nationalpark Hohe Tauern. Überall rauscht das Wasser herab. Und ja, hier oben ist die Schokolade ein wahrer Hochgenuss! Und die Gummibärchen auch! Und wohl verdient sind die Süßigkeiten an diesem Tage sowieso.

An Tag drei der Tour erwartet die Gruppe die erste Schlüsselstelle, die Pfandlscharte (2633 Meter). Doch bis die Gruppe dort ist, vergehen erst einmal locker zwei Stunden. Der Steig hinauf führt mehrmals über einen Wildbach – doch die Überquerung ist kein Problem, zudem kann man dort auch problemlos die Wasservorräte wieder auffüllen, denn Hütten gibt’s auf dem Weg keine! Und das klare Wasser ist ein Hochgenuss.

Dann stehen wir vor der Pfandlscharte. Es liegt noch Schnee. Mit Grödeln ist der Weg aber kein Problem. Das Gipfelkreuz sieht man von unten, da hinauf muss man! Der Weg dorthin zieht sich, doch ist man erst einmal oben, hat man einen herrlichen Ausblick und das Ziel für den Tag, das Großglocknerhaus auf 2132 m, fast schon vor Augen.

Zuvor muss man aber erst noch einmal hinab, dann wieder hinauf und dann wieder hinab – aber nach der Bewältigung der Pfandlscharte ist das eher ein Kinderspiel. Und am Glocknerhaus gibt’s erst einmal eine heiße Schokolade und einen Käsekuchen als Belohnung. Der Blick auf den Großglockner bleibt uns aber erst einmal verwehrt – es regnet wieder und dicke Wolken hängen deshalb direkt über dem Gipfel.

Zumindest am nächsten Tag haben sich die Regenwolken verzogen. Die Tour geht weiter – nächster Halt ist die Glorer Hütte, am Berger Törl, an der Grenze zwischen Glockner- und Schobergruppe. Der Weg dorthin zieht sich, allerdings sind kaum Wanderer unterwegs – die Ruhe und Stille kann in vollen Zügen genossen werden. Fast jedenfalls. Denn man befindet sich mitten im Murmeltier-Gebiet. Aus allen Ecken pfeift es und die putzigen Tiere zeigen sich auch und posieren für Fotos!

Auch an diesem Tag liegt noch ein längerer, aber unproblematischer Abstieg vor uns. Es geht hinunter zum Lucknerhaus nach Kals. Und jetzt zeigt er sich, der Großglockner! »Zur Stärkung« gibt’s vom Wirt bei der Ankunft einen Schnaps spendiert – so heißt man seine Gäste willkommen!

Tag fünf hält einen Gipfelsturm – ja eigentlich sogar eine Überschreitung parat! Besser geht’s praktisch nicht. Startpunkt ist St. Jakob im Defereggental. Die ersten Höhenmeter geht’s bequem mit der Gondel und dann mit dem Sessellift hinauf zur Mooseralm (2365 m). Aber ab dann wird’s wieder schweißtreibend. Auch weil die Wolken am Himmel nichts Gutes verheißen und sich der Weg hinauf zum Degenhorn (2946 m) doch gut zweieinhalb Stunden zieht. Er ist aber gut machbar, wird hinauf zur Ochsenlenke dann aber auch wieder ein wenig steiler und steiniger. Über einen Grat geht’s weiter bergauf, ehe man einen wunderschönen Blick auf den Degenhornsee hat. Zu dem muss man einige Höhenmeter wieder absteigen, ehe es dann nochmals bergauf zum Gipfel geht. Kurze Rast, dann schnell wieder hinunter, denn es besteht nach wie vor die Gefahr eines Gewitters. Der Abstieg erfolgt dann nach Innervillgraten – und dort wird wieder pausiert und sich gestärkt in einem Gasthaus.

Am vorletzten Tag gibt’s wieder eine Grenzüberschreitung – diesmal geht’s von Österreich nach Südtirol. Die Wanderung geht in Kalkstein los. Nächstes Ziel ist das Toblacher Pfannhorn, wieder ein Gipfel (2664 m). Dann geht’s weiter zur Bonner Hütte – und hier hätte man, sofern das Wetter mitspielt, das erste Mal einen Blick auf die Drei Zinnen. Nach dem Abstieg geht’s mit dem Bus weiter – Aufbruch zum letzten Teil der Tour. Mitten hinein in die Sextner Dolomiten! Vom Parkplatz Antoniusstein im Innerfeldtal dauert der Aufstieg zur Drei-Schuster-Hütte gut eine halbe Stunde.

Letzter Tag, die Spannung steigt! Zweieinhalb Stunden geht es nochmals hinauf. Stück für Stück kommt man dem großen Ziel näher. Und schon jetzt ist die Landschaft einfach nur ein einziger Traum! Noch eine Kurve, noch eine letzte Anstrengung, dann sieht man sie endlich: die Drei Zinnen! Was für ein Glücksmoment.

Noch ist man auch allein. Doch je näher man zur Drei-Zinnen-Hütte kommt, desto mehr Trubel, desto mehr Tagestouristen trifft man auf seinem Weg. Nach einer Woche, in der man fast ganz allein unterwegs war, ein komisches Gefühl! Aber egal – man will diesen herrlichen Blick auf die Drei Zinnen einfach nur genießen – und das jede einzelne Sekunde lang. Stephanie Brenninger

Das sollten Sie wissen:

Ausgangspunkt: Los geht es in Schönau am Königssee (dort kann man kostenpflichtig parken, die Parkscheine bekommt man in der Tourist-Info direkt am Parkplatz).

Ziel: Die Drei Zinnen bzw. die Auronzo-Hütte, von dort geht’s mit dem Bus zurück zum Ausgangspunkt.

Bergschulen: Unter anderem bietet die Bergschule Watzmann, Telefon 08657/711, oder das Oase Alpincenter, Telefon 08322/80 00 980, die Alpentraversale von Juni bis September an. Es gibt aber natürlich auch andere Anbieter.

Anspruch: Man braucht eine gute Kondition und eine gute körperliche Verfassung, um die Tagestouren bis zu acht Stunden bewältigen zu können.