Hoch oben auf der Alm geht ein Lebenstraum in Erfüllung

 

Die Meerschweinchen stehen bei den Kindern hoch im Kurs. Sie lassen ja auch schließlich fast alles mit sich machen – umhertragen, füttern, streicheln. Nur ab und an rennen sie dann auch mal schnell in ihre Hütte rein, die am Rand des großzügigen Freigeheges steht. Aber auch die beiden Ponys lassen sich vom Nachwuchs geduldig zur oberen Hälfte der Weide führen, die mit saftigem Berggras reichlich gefüllt ist. Die Ziegen und Schweine im Streichelzoo machen derweil ein Nickerchen und lassen sich auch von den lachenden und umhertobenden Kindern nicht aus der Ruhe bringen.

Die Gjaidalm am Krippenstein inmitten des Dachsteingebirges liegt idyllisch auf 1738 Meter – und ist für Kinder wie Erwachsene ein wahres Paradies. Einfach ein Ort, an dem man sich wohlfühlen, den Alltag hinter sich lassen und Kraft tanken kann. Seit gut zwei Jahren sind Mikela und Patrick Endl nun die Hüttenwirte – und beide erfüllten sich damit einen Lebenstraum. Das Ehepaar, das lange Zeit in Teisendorf gelebt hat, überlegte einige Zeit, ob es den Schritt in die Berge, in die völlige Abgeschiedenheit machen soll. Schließlich erreicht man die Alm, auf der die Endls zuvor schon immer wieder einige Veranstaltungen abgehalten und die Gegend dabei schätzen und lieben gelernt haben, nur zu Fuß.

»Aber so eine Chance bekommt man auch nicht jeden Tag«, erinnert sich Patrick Endl zurück, »deshalb haben wir dann auch zugegriffen.« Für Mikela Endl, die aus Altötting stammt und eigentlich Sport-, Kultur- und Eventmanagerin sowie Marketingberaterin ist, war es ebenfalls der richtige Schritt. »Es ist herrlich, wenn die Leute mit einem Lächeln im Gesicht wieder nach Hause gehen.« Das Almleben entschleunige einfach – und die beiden und ihre Mitarbeiter erfüllen ihren Gästen jeden Wunsch.

Gerade im ersten Jahr hatten sie aber sehr viel Arbeit auf der Alm – etliche Auflagen etwa in Sachen Brandschutz mussten erfüllt werden – aber die ganze Schufterei hat sich gelohnt. Mittlerweile habe sich alles sehr gut eingespielt, finden beide. »Wir und unsere Mitarbeiter sind wie eine kleine Familie.« Auch die beiden kleinen Mädchen der Endls, Heidi und Resi, wachsen auf der Alm auf und sind rundum zufrieden. »Für sie ist es hier ein Traum«, betonen die Eltern.

Hinauf zur Gjaidalm führen übrigens einige Wege. Der einfachste: Man nimmt die Krippenstein-Seilbahn und fährt bis zur dritten Station, dann geht es rund 400 Meter bergab zur Alm. Wer ein wenig mehr sportliche Aktivität bevorzugt, der kann im Sommer natürlich auch die Skipiste hinauf spazieren (Startpunkt: hinter der Krippenstein-Seilbahn).

Landschaftlich am reizvollsten ist aber der Weg hinauf von Hallstatt (Parkplatz Echerntal in Hallstatt-Lahn) – allerdings ist er mit rund sechs Stunden auch ein wahrer Hatscher. Es lohnt sich dabei aber jede Minute: Denn erstens sind hier meist nicht so viele Wanderer unterwegs und zweitens taucht man in eine traumhafte und imposante Bergwelt mit bunten Blumenwiesen und gut ausgebauten Pfaden ein. Auf dem Weg zur Gjaidalm folgt man zunächst der Beschilderung zum Wiesberghaus (Weg 601, teilweise sind die Wegweiser anfangs schwer zu finden). Gut vier Stunden braucht man zu der schönen Hütte auf 1884 Meter, bei der sich eine Rast lohnt, denn man hat einen herrlichen Blick auf die umliegenden Berge. Der Weg zum Wiesberghaus führt übrigens stetig hinauf und erfordert deshalb schon einige Kondition, er ist aber alles in allem gut zu bewältigen.

Danach geht es noch gut eineinhalb bis zwei Stunden zur Gjaidalm hinüber – und es geht nun schön und größtenteils sanft dahin. Nur einige Stufen warten noch auf die Wanderer – aber vor allem eine traumhafte Bergkulisse. Und plötzlich sieht man dann das Haus Oberfeld-Obertraun, das früher militärisch genutzt wurde und aktuell gerade leer steht (geplant ist, die Oberfeld-Kaserne in ein Luxushotel umzubauen).

In unmittelbarer Nachbarschaft liegt die Gjaidalm. Allerdings genau in einem Kessel, und daher ist die Alm auch erst auf den letzten Metern der Wanderung zu sehen. Auf der Gjaidalm angekommen, gibt’s dann natürlich auch zahlreiche weitere Möglichkeiten für Gipfelanstiege oder weitere Wanderungen zu anderen Hütten und natürlich gibt es in diesem Gebiet auch Klettersteige – es findet sich dort also garantiert für jeden Anspruch etwas. Und so kann man es locker einige Tage auf der Gjaidalm aushalten.

Das Gebiet hat auch im Winter übrigens einiges zu bieten. Skifahrer kommen am Krippenstein voll auf ihre Kosten – aber etwa auch Schneeschuhwanderer. »Von uns aus kann man im Winter etwa zum Wiesberghaus gehen«, erzählt Patrick Endl. Und im Winter sei hier heroben ohnehin alles ein wenig »wie im Märchen«, schwärmt Mikela Endl.

Welche Jahreszeit die beiden am liebsten mögen, können sie allerdings gar nicht so genau sagen. »Das kann man nicht miteinander vergleichen«, findet Patrick Endl, der eigentlich Diplom-Ingenieur ist, aber auch eine Ausbildung zum Erlebnispädagogen und Wanderführer gemacht hat.

Jede Jahreszeit für sich hat einfach seinen speziellen Reiz. Und Schwerpunkte setzen die Endls, die in ihrem Urlaub am liebsten ans Meer fahren, immer wieder aufs Neue. Auf der Gjaidalm gibt es nämlich das ganze Jahr über immer wieder neue Seminare und Workshops. »Da kommt schon mal ein Märchenerzähler zu uns«, erzählt Mikela Endl, »aber wir haben auch Yoga- oder Meditationsseminare im Angebot.« Und für die Kinder gibt es immer donnerstags und freitags eine Betreuung – und das auf 1738 Meter. »Damit können die Eltern auch mal eine Bergtour gehen und die Kinder sind derweil gut versorgt«, erklärt Mikela Endl.

Die Endls haben auf der Gjaidalm ein neues Zuhause gefunden. »Es ist einfach schön, dass wir gemeinsam etwas auf die Füße stellen konnten«, sagen sie unisono, »und wir sind sehr stolz darauf.« Nur eines fehlt Mikela Endl auf der Gjaid-alm dann doch. »Die bayerischen Brezn«, lacht sie. »Die können die Österreicher einfach nicht so gut machen wie wir.« Und deshalb hat sie eine Bitte vor allem an alle bayerischen Wanderer: »Bringt mir eine Breze aus meiner Heimat mit.« Doch mit oder ohne Breze: Die Wanderung hinauf zur Gjaidalm lohnt sich allemal – allein schon wegen der Entschleunigung. SB

 

Tourdaten

Anfahrt: Zunächst fährt man auf der Autobahn A 8 München-Salzburg Richtung Salzburg, dann weiter auf die Tauernautobahn A 10 und nimmt die Abfahrt Golling, weiter geht es über Abtenau auf der B 166 nach Hallstatt, Fahrzeit ab Salzburg rund 45 Minuten; startet man die Wanderung in Hallstatt, parkt man am besten am Parkplatz Echerntal in Hallstatt-Lahn. Oder man fährt weiter nach Obertraun zur Talstation Dachstein-Krippenstein, dort kann man kostenlos parken.

Aufstieg: Geht man von Hallstatt los, folgt man dem Weg 601 über Tiergartenhütte, Herrengasse und Wiesalm zum Wiesberghaus. Von dort geht es dann weiter zur Gjaidalm.

Kontakt: Gjaidalm, E-Mail: service@gjaid.at, Internet: www.gjaid.at; Wiesberghaus, Internet: www.wiesberghaus.at.

Anspruch: Wer gerne lange wandert, der sollte sich den Weg von Hallstatt zur Gjaidalm nicht entgehen lassen. Er ist für jeden Wanderer mit einer guten Kondition leicht zu bewältigen und es gibt auch keinerlei knifflige Passagen. SB